Auf vielfachen Wunsch: Ode an die Lebensfreude

Ode an die Lebensfreude

 

Ich rede nicht gern, besonders nicht vor vielen Leuten.

Ich glaub‘ nur selten daran, dass meine Worte was bedeuten,

denn sie sind wütend und schwer,

und zeichnen zynisch-blutleer ein Weltbild,

das im Pförtnerhäuschen nach Mordor hängen könnte.

 

Ich fühl‘ mich unwohl unter Menschen, denn ich bin introvertiert.

Ich bin die, die in Gesprächen dein Intro kopiert,

weil ich gar nicht weiß, wie das geht:

„einfach mal was zu erzählen“.

 

Ich bin bedeutungsschwanger im 336. Monat,

ich weiß, das sieht man mir kaum an,

aber manchmal könnt ich kotzen und dann ist da noch der Drang,

alles in mich reinzufressen bis zum nächsten Gefühlsausbruch.

 

Ich bin zwiegespalten, damit ich mich nicht einsam fühl‘.

Ich will die Welt anhalten, denn der Fahrtwind ist zu kühl

und außerdem wird mir bei dem Tempo schwindlig.

 

Ich bin nicht mega „weiblich“, Eier hab ich trotzdem keine.

In Geschlechterrrollenspielen verliere ich schon seit ’ner Weile

die Nerven, weil ich die Regeln nicht verstehe.

 

Ich bin Af-depremiert, weil dieser Hass mein Herz beschwert.

Ich bin IS-iritiert, weil dieser Hass mir nicht erklärt,

was Gott eigentlich mit den ganzen abgehackten Köpfen vorhat.

 

Ich male schwarz, das passt halt einfach immer.

Und dann schreibe ich Texte drüber, streue Salz auf meinen Finger,

und leg ihn in die Wunde!

Denn doppelt hält besser und man sagt ja auch, dass es erst schlimmer werden muss,

bevor es besser wir und überhaupt: irgendjemand muss es ja machen, den wer nicht kämpft hat schon verloren.

 

Das klingt doch frustrierend.

 

Und ich weiß nicht, ob das richtig ist. Es fühlt sich gerade nicht so an.

Wenn die Welt an uns zerbricht, kommt’s doch gerade drauf an ,

mit dem Finger auf das Gute zu zeigen, statt auf das Schlechte,

das man sowieso nur dann übersehen kann, wenn man eh nicht hingucken will.

 

Sogar ein Mensch wie ich lacht!

Ich weiß, es ist schwer zu glauben.

Aber vielleicht wär’s langsam an der Zeit, dass wir uns mal erlauben,

zuerst über die guten Dinge zu sprechen.

Über Sex über Schokolade.

Über nächtelange Wortspiele und Sex und Schokolade.

Über 80jährige Pärchen, die immer noch Händchen halten,

über Gott und die Welt und Essen bei Mutti und Flieger aus Eintrittskarten falten.

Über Freunde und die, die es vielleicht mal werden.

Über Arbeit, die nicht nur da ist damit wir uns nicht langweilen, bis wir sterben.

Über die Farbe Blau, weil sie hübsch ist, genau wie alle andern Farben.

Über Musik die so gewaltig ist, dass wir sie kaum ertragen.

Über innere Kinder und äußeren Frieden, über offene Herzen und Ängste besiegen.

Und über Liebe, an der man sich besäuft,

und diesen einen Tag, an dem einfach alles läuft.

 

An so einem Tag klappt der Augenaufschlag beim ersten Versuch.

Im Radio läuft ausnahmsweise Musik die ich mag,

das Fenster lässt von allein den Vorhang fallen,

und ein Sonnenstrahl pinkelt seinen Namen in den Tag.

 

Ich bin die Herzkönigin, einfach, weil ich eins habe.

Ich trage eine Baumkrone und verfüge, dass man Wurzeln nicht mehr schlage,

weil’s weh tut… und weil es noch so viel zu sehen gibt,

wohin ich alle, die gern mitwollen, in meinem Herzen trage.

 

Ich verprasse mein gesammtes Durchhaltevermögen,

denn ich will mit dem Leben spielen.

Mit Veilchen und Bogen auf Wutbürger schießen,

und mit Aufmerksamkeit auf Kinder zielen.

 

Und wenn ich dann schlafen gehe, dann ist da nichts Böses.

Keine Kleingeister die mich im Traum noch plagen.

Kein Trump unterm Bett, keine Petry im Schrank,

nur Leichtigkeit und Sex und Schokoladen. Plural.

 

Und ich wage es zu selten, davon zu erzählen,

denn das scheint mir alles so irrelevant,

zu unwichtig, um eure Zeit zu verschwenden,

gegen jeden gesunden Menschenverstand.

 

Wen interessiert schon, was den andern glücklich macht?

Was bedeutet die kleinen, frohen Minuten,

in einer Welt, in der mit Pech vielleicht über Nacht,

nicht nur Herzen sondern Menschen bluten?

 

Sie bedeuten alles! Weil sie uns Hoffnung geben.

Und wenn ich sonst auch nicht viel sage, aber davon will ich reden!

Ich will wissen, was euch Spaß macht, wann’s euch gut geht, was euch freut,

wen ihr mögt und was ihr liebt und was ihr nie im Leben bereut.

Ich will euch zuhören, wenn ihr träumt und dabei sein, wenn ihr’s macht,

denn nichts könnte mich mehr befreien, als jemand der laut lacht!

 

Und dann, dann können wir auch wieder kämpfen.

Bitterernste Schlachten schlagen, düster in die Zukunft blicken,

und auch die schwersten Lasten tragen.

 

Denn wir haben doch was zu verlieren – in jeder erdenklichen Weise.

Wenn das Gute nichts mehr wert ist, dann gewinnt die Scheiße.

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